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Während in der Renaissance Italien Leitkultur war, rückt im Barock (Ende des 16ten bis Ende des 18ten Jahrhunderts) Frankreich und sein Tanz in den Mittelpunkt des europäischen Interesses. Sowohl kulturgeschichtlich als auch tänzerisch überschneidet sich der Frühbarock (bis ca. 1650) zunächst noch mit der Renaissance, langsam lassen sich erste Neuerungen wie das Auswärtsdrehen der Füße erkennen. Im Hochbarock (ca. 1650 bis 1720) entwickelt sich der spezifische Tanzstil, den wir heute unter Barocktanz verstehen. Ab 1700 werden eine Vielzahl von Tänzen dieses Stils in der graphischen Beuachamp-Feuillet-Notation veröffentlicht, die sich gut rekonstruieren lassen. Im Rokoko (auch Spätbarock genannt, ab ca. 1720) lässt die Publikation dieser komplexen Tänze nach zugunsten der neuen Form des Kontratanzes, der neben dem Z-Menuett nun die Ballsäle beherrscht.

Frankreich im 17ten Jahrhundert

Auch wenn es für Europa tonangebend wird, sind uns aus dem Frankreich des 17ten Jahrhunderts leider nur wenige Quellen erhalten, die eine Rekonstruktion erlauben. Das ist natürlich insbesondere bedauerlich für die Zeit, in der der König von Frankreich – Ludwig XIV – selbst als Tänzer auf der Bühne steht. Der Tanz ist dabei integraler Bestandteil seiner höfischen Selbstdarstellung als König. Um die notwendigen technischen Fähigkeiten dazu zu erlangen, gehört Tanzunterricht nicht nur für den französischen König, sondern für viele Adlige in Europa zur täglichen Routine. Der Lieblingstanz des Königs ist zunächst die Courante, die später vom Menuett verdrängt wird. Mit der Patenterteilung im Jahr 1661 zur Gründung der „Académie Royale de Danse“ sorgt er für eine weitere Professionalisierung des Tanzlehrer- und Tänzerberufs, tanzende Höflinge werden in den folgenden Jahrzehnten in Aufführungen am Hof zunehmend durch professionelle Tänzer ersetzt.

Seinem langjährigen Tanzmeister Pierre Beauchamp wird die Erfindung der fünf Fußpositionen zugeschrieben (die heute noch eine Grundlage des Balletts bilden), sowie die Entwicklung der barocken Tanzschrift, die später von Raoul-Auger Feuillet mit dem magischen Datum 1700 veröffentlicht wird. Eine Klage um die Urheberschaft der Tanzschrift, die auf die Veröffentlichung folgt, verliert Beauchamp, den weiteren Klageweg kann er nicht beschreiten, da er kurze Zeit darauf stirbt. Verschiedene zeitgenössische Tanzmeister testieren ihm allerdings die Urheberschaft des Notationssystems in ihren Traktaten. Möglicherweise wird in Frankreich nach der Publikation der Chorégraphie durch Feuillet bewusst anderes Material vernichtet, um das neue System durchzusetzen, oder die veralteten Tänze sind später einfach ihrem prachtvollen Einband zum Opfer gefallen, der geplündert wurde, während der Inhalt in die Papiermühle wanderte.

Bislang entdeckt wurden in Frankreich für die zweite Hälfte des 17ten Jahrhunderts nur drei erhaltene Bände mit Tänzen. Zwei davon stammen von André Lorin und enthalten Kontratänze, die er nach einem Englandbesuch frisch in Frankreich einführt – das „Livre de contredance présenté au Roy“ (ca. 1685) und das prachtvolle „Livre de contredance du Roy“ (1688). Das dritte Buch ist das einzige barocke Bühnenwerk, für das eine fast vollständige Choreographie erhalten ist – die Maskerade „Le Mariage de la Grosse Cathos“ (1688) von Jean Favier l’Aîné. Die beiden Autoren nutzen jeweils ein selbst entwickeltes Tanznotationssystem. Zur heutigen Rekonstruktion der Tänze sind Kenntnisse der späteren barocken Tanzquellen bei Favier zumindest hilfreich, und bei Lorin notwendig, da letzterer nur ein Kürzelsystem für die Schritte verwendet.

Frankreich im 18ten Jahrhundert und der französische Stil

Die Quellenlage wandelt sich ab 1700 mit der Publikation der Chorégraphie grundlegend, nun haben wir eine breite Basis von hunderten notierter Tänze, die sich durch das graphische Notationssystem vergleichsweise einfach rekonstruieren lassen. Viele Tänze davon sind allerdings tanztechnisch recht anspruchsvoll und erfordern ein mehrjähriges Tanztraining, um sie adäquat tanzen zu können. Die erhaltenen ausnotierten Tänze haben ihren Schwerpunkt im ersten Viertel des 18ten Jahrhunderts, in diesen Jahren wurden sogar gestochene Tanzsammlungen mit Modetänzen für das jeweils folgende Jahr veröffentlicht.

Aufgezeichnet werden sowohl Tänze für den Ballsaal, als auch Bühnentänze, wobei die Tänze für den Ballsaal deutlich überwiegen. Die meisten Tänze sind Solotänze für eine einzelne Person oder für ein Paar, das alleine auf der Tanzfläche tanzt. Tänze für mehr als zwei Personen in ausnotierter Beuachamp-Feuillet-Notation sind hingegen selten. Die Notation kombiniert die typischerweise symmetrischen Raumfiguren mit Informationen, wie die einzelnen Schritte für diese Figuren auszuführen sind. In der Regel fehlen in den Notaten allerdings Details zum Timing und der zu den Schritten gehörenden Bewegung der Arme, beides muss man aus Theorieschriften der Zeit ergänzen. Das wichtigste Werk hierzu schreibt Pierre Rameau, der 1725 sein Buch "Le Maître à danser" herausbringt, das bis 1748 in mehreren Auflagen gedruckt wird.

Zu vielen Tänzen, die wir heute noch dem Namen nach aus Tanzsuiten kennen, wie u.a. dem Menuett, der Bourrée, der Courante gibt es jeweils eine typische Schrittfamile, die mit „Pas de...“ gekennzeichnet wird. Was nicht heißt, dass diese Tänze ausschließlich mit diesen Schritten getanzt werden – oft findet sich eine komplexe Mischung verschiedener Schritte. Der Pas de Bourrée ist beispielsweise ein in vielen Tänzen zu findender Universalschritt. Um einen Schritt sowohl in geraden als auch ungeraden Taktarten verwenden zu können, wird das Timing der Schrittausführung angepasst. Typisch für die barocken Schritte ist neben den 90 Grad auswärts gedrehten Füßen ein auftaktiges Kniebeugen (Plié) und ein Erheben (reléve) auf den Fußballen auf die Eins des Taktes. Außer raumgreifenden Schritten gibt es noch ein Vielzahl von Drehungen (Pirouetten), Sprüngen und Verzierungen.

Neben dieser komplexen Tanzform setzt sich ab Ende des 17ten Jahrhunderts eine neue, viel einfachere Art von Tänzen durch. Sie werden von den Englischen Country Dances abgeleitet und in Frankreich Contredanses genannt, von dort aus finden sie schnell in ganz Europa Anklang. Der große Vorteil dieser Tänze ist, dass nun eine Vielzahl von Paaren gleichzeitig im Ballsaal miteinander tanzen können, statt nur einem Paar zuzuschauen, das sich präsentiert. Mit Contredanses werden sowohl die in England beliebten Gassentänze als auch die in Frankreich entwickelten Karreetänze bezeichnet. Typisch für beide Formen sind ein überschaubares Repertoire von Schritten und Figuren, sowie Wiederholungsstrukturen; in der englischen Form eine mehrfache progressive Wiederholung des ganzen Tanzes, in der französischen Form mit einem Strophen-Refrain Schema. Mit seinem „Recueil de contredances...“ (1706) schließt sich Feuillet dieser Mode an und zeichnet diese Tänze mit einer vereinfachten Version der Chorégraphie auf. In der vereinfachten Form sind meist nur die Bodenwege der Tänze zusammen mit der Ausrichtung des Körpers nach jedem Takt notiert. Nur Besonderheiten, die spezifische Schritte erfordern, werden in der vollständigen Notation beschrieben. Mit welchen Schritten er die Wege zurücklegt, bleibt dem Tänzer überlassen, Feuillet gibt aber mit einigen Grundregeln eine Hilfestellung, welche Schritte aus dem barocken Schrittrepertoire man dabei üblicherweise verwendet.

Eine weitere Tanzart sind improvisierende Paartänze. Die „Königin“ der Tänze – das Menuett wird hier nun in Form eines „Z“, das die Dame und der Herr jeweils gegenläufig abtanzen, zum Lieblingstanz des 18ten Jahrhunderts schlechthin, der typischerweise die erste Stunde eines Balls einnimmt. Welche Schritte eingesetzt werden, bleibt der Kunstfertigkeit der Tänzer überlassen. Der Herr hat nun Führungssignale, indem er die Dame nach der Referenz zunächst auf ihre Startpostion „ausführt“. Nach einigem Hin und Her auf der Z-Bahn reicht er der Dame die rechte Hand für eine rechte Handtour, später die linke Hand für eine linke Handtour. Als Schlusssignal reicht er beide Hände für eine Ronde, die in das Zurückführen der Dame mündet und den Tanz mit einer Schlussreferenz beendet. Im Laufe des Jahrhunderts kommt in Frankreich auch der deutsche Tanz in Mode, der eine bislang kaum gekannte körperliche Nähe zwischen dem Tanzpaar erlaubt.

Der Tanz in Deutschland des 17ten und 18ten Jahrhunderts

Wie in Frankreich sind auch aus den deutschsprachigen Ländern des 17ten Jahrhunderts kaum Tanzquellen überliefert. Eine Quelle ist die „Kurtze doch Gründliche Unterrichtung...“ von Johann Georg Pasch (Osnabrück 1659). In diesem Buch findet sich neben anderen Techniken (Hantieren mit der Pique, der Fahne und dem Jägerstock, Tranchieren, Fechten, Voltigieren, Ringen) eine „Anleitung sich bey grosen Herrn Höfen und anderen beliebt zu machen“, die im Anhang einige Tanzübungssequenzen und Musik enthält. Leider fehlt in dem Buch eine Erklärung der genanten Schritte und ist dadurch nur aus der Quelle heraus nicht zu rekonstruieren. Auch „Der von dem Mercurius neu-gebaute Schau-Platz der Dantzenden“ (Nürnberg 1671) enthält einiges Interessantes zum Tanz, aber fast keine Information, die uns bei der Rekonstruktion von Tänzen weiterhelfen könnte.

Vermutlich angeregt durch die Tanzbücher aus Frankreich, setzt auch in Deutschland ab Anfang des 18ten Jahrhunderts eine Welle von tanztheoretischen Publikationen ein. Gottfried Taubert übersetzt mit seinem „Vollkommenen Tanzmeister“ (bislang verschollen) bereits 1709 in Leipzig Feuillets „Chorégraphie...“. Später, im Jahr 1717, bringt er dann mit seinem Buch  „Rechtschaffener Tanzmeister...“ ein Monumentalwerk mit rund 1200 Seiten über den Tanz heraus. Über das Jahrhundert verteilt, setzt sich die Publikationstätigkeit deutschsprachiger Autoren fort, oftmals als Diskurs zwischen den Autoren und als Replik auf die Widersacher des Tanzes. Auch wenn die Prinzipien der Chorégraphie mehrfach in Büchern erklärt werden, sind uns leider fast keine in Beuachamp-Feuillet-Notation notierten Tänze aus Deutschland erhalten. Das mag zum einen daran liegen, dass das große Vorbild Frankreich ja bereits eine Vielzahl an gedruckten Tänzen anbietet. Zum anderen wird im Gesellschaftstanz auch hier der komplexe Tanz zugunsten einfacherer Formen verdrängt. So haben wir besonders ab der zweite Hälfte des 18ten Jahrhunderts aus Deutschland eine Reihe von Kontratanzsammlungen, die diese Entwicklung belegen.

Im deutschsprachigen Raum gibt es eine eigenständige Tradition freier Paartanzformen, die durch eine engere Tanzhaltung gekennzeichnet sind, aber in den Traktaten deutscher Tanzmeister des frühen 18ten Jahrhunderts nur stiefmütterlich bis abfällig behandelt werden. Anders als die französische Tanzkunst, erfordern die deutschen Tänze offensichtlich keinen großen Lernaufwand; profitabler für die Tanzmeister ist daher, den deutschen Tanz mit französischen Schritten zu verfeinern und nur noch die deutsche Handfassung zu übernehmen. Die komplizierten Armwicklungen der Allemande werden wiederum in Frankreich ab Mitte des 18ten Jahrhunderts populär, nachdem man schon früher die tiefen Kreuzhandfassungen importiert hat. Gegen Ende des 18ten Jahrhunderts wird in deutschen Kontratänzen als letzte Tour der Rundwalzer populär und dieser beginnt damit seinen Siegeszug.

Der Tanz in England des 17ten und 18ten Jahrhunderts

Neben Frankreich ist England im Barock sicherlich das Land mit produktiven Tanzpublizisten. Mitte des 17ten Jahrhunderts gibt der englische Musikpublizist John Playford eine bahnbrechende Publikation „The english dancing Master“ heraus, in der er rund hundert beliebte Melodien mit einfachen Tanzbeschreibung kombiniert. Das Buch wird ein so großer Erfolg, dass es von 1651 bis 1728 insgesamt 18 Auflagen erlebt, in denen zusammen mehr als tausend verschiedene Choreographien zu finden sind.

Playford ist kein Choreograph oder Tanzhistoriker, er sammelt, vereinheitlicht und druckt nur, was in England an Tänzen aktuell in Umlauf ist. So fallen in späteren Auflagen immer wieder veraltete Tänze aus dem Repertoire und neue Tänze (insbesondere in Longway-Form) werden hinzugefügt. Mit „Country Dances“ meinen die Engländer zu dieser Zeit nur, dass die Tänze aus dem eigenen Land stammen, heute wird das oft falsch als „ländliche“ Tänze interpretiert. Die Zielgruppe von Playford Sammlung waren aber zunächst „The Gentlemen of the Innes of Court“ also die Mitglieder von Anwaltskammern in London und spätere Titelblätter verweisen darauf, dass die Tänze am Hof und andernorts getanzt werden – also alles andere als „Bauerntänze“. Seine Tanzbeschreibungen beinhalten leider meist nur die Figurenbezeichnungen – wie die Figuren auszuführen sind und mit welchen Schritten müssen wir aus anderen Publikationen schließen. Die erste Seite seines Buchs gibt mit „Single“ und „Double“ einen Hinweis, dass sich in den frühen Auflagen die verwendeten Schritte (wie auch viele der Melodien) noch aus der Renaissance ableiten. In weiteren Auflagen ab ca. 1680 kann man davon ausgehen, dass auch französisches Schrittmaterial (wie der Bourrée- und Menuettschritt) Verwendung findet. Nach Playfords Tod gibt es Nachfolger und Nachahmer, die seine Idee aufgreifen; auch wenn „The dancing Master“ 1728 seine letzte Auflage mit drei Bänden und mehr als 400 Tänzen erlebt, wird die Tanzpublikation dieser beliebten Tanzform bis weit ins 19te Jahrhundert fortgesetzt. Die „Country Dances“ schwappen bereits mit einem Besuch des englischen Tanzmeisters Isaac ab 1684 nach Frankreich – möglicherweise hat Feuillet durch sie erkannt, dass die regelmäßige Publikation von Tänzen eine profitable Marktlücke sein könnte.

Die Publikation der Chorégraphie durch Feuillet wirkt sich wiederum auf den Tanz in England aus. Sein Werk wird bereits 1706 von John Weaver als „Orchesography“ übersetzt (mit dem Hinweis, das Beauchamp als eigentlicher Urheber der Kunst genannt werden muss), eine englische Übersetzung seines „Recueil de contredances“ kommt 1710 von John Essex als „For the Furthur Improvement of Dancing“ heraus. Außerhalb von Frankreich ist England das einzige Land, von dem eine größere Anzahl von Tänzen in ausnotierter Beuachamp-Feuillet-Notation erhalten ist. Die englischen Stecher erreichen dabei die höchste Kunstfertigkeit mit den schönsten Notaten. Eine eigenständige englische Tanzform ist die Hornpipe, die gerne Schritte unabhängig von musikalischen Takten behandelt.

Weitere Länder

Auch in einigen anderen Ländern sind bislang einzelne Tänze und Traktate für den französischen Tanzstil gefunden worden, hierbei sind insbesondere Italien und Spanien zu nennen. Am Anfang der Entwicklung dessen, was wir heute im engeren Sinne als „Barocktanz“ bezeichnen, sind es im 17ten Jahrhundert insbesondere italienische Tanzmeister, die in Frankreich unterrichten. Der dort entwickelte Stil wirkt im 18ten Jahrhundert wiederum in Form von französischen Tanzmeistern zurück auf Italien. In Spanien entstehen im 18ten Jahrhundert mehrere Drucke zunächst mit Musik, dann eine eigenständige spanische Übersetzung von Feuillets „Chorégraphie...“ mit einigen Tänzen. Spanische Tanz- und Bewegungskonzepte fließen im Gegenzug mit der Sarabande, der Folia und dem allgegenwärtigen Kastagnettenspiel in den französischen Tanz ein.

Bühnentänze

Im 17ten Jahrhundert ist es noch üblich, dass tanzende Höflinge neben professionellen Tänzern Teil von Ballett- und Opernaufführungen am Hof sind. Mit der Gründung der „Académie Royale de Danse“ im Jahr 1661 und dem Ausscheiden des französischen Königs als aktiven Tänzer in Aufführungen (1670 tanzt er noch in „Les Amants magnifiques“) ändert sich das allmählich. Wobei auch ein Zerimonialball am Hof weiterhin eine spezifische Form der Bühne ist, denn dort tanzt jeweils nur ein Paar gemäß der Rangfolge am Hof und zeigt seine erworbene Kunstfertigkeit. Von den erhaltenen in Beuachamp-Feuillet-Notation notierten Tänzen lässt sich knapp ein Viertel dem Bereich des Bühnentanzes zuordnen. Allerdings sind die publizierten Tänze sicherlich nicht als Instrument für Bühnentänzer bestimmt gewesen, sondern sie richten sich als Zielgruppe an interessierte Laien und deren Tanzmeister. Bühnen- und Gesellschaftstanz teilen sich im Barock die Bewegungsgrundlagen, für einen Laien, der nahezu täglich Tanzunterricht hat, ist es daher durchaus möglich, den bewunderten Bühnenstars tänzerisch nachzueifern. Die gelernten Tänze sind vermutlich als Einlagen auf Bällen verwendet worden. Für die Rekonstruktion von Bühnenwerken des 17ten und 18ten Jahrhunderts hat das die Folge, dass uns die erhaltenen Tänze nur teilweise weiterhelfen. Es sind zwar Solo- und Paartänze für die Bühne erhalten, die technisch sehr anspruchsvoll sind – aber insbesondere wie sich größere Gruppen von Tänzern auf der Bühne bewegen und wie dabei das Verhältnis der Figuranten (Gruppentänzer) zu den Solisten ist, bleibt weitestgehend eine offene Frage. Feuillet liefert uns 1700 mit dem „Ballet de neuf Danceurs“ eine Demonstration, dass es mit der Notation technisch möglich gewesen ist, Werke für eine größere Anzahl von Personen niederzuschreiben; dieses aufwendige Notat bliebt aber unter den erhaltenen Tänze leider eine Ausnahme.

In Zeiten, in denen eine historisch informierte Aufführungspraxis immer bedeutender wird, bleiben Bühnenwerke, die im Barock Tanz als integralen Bestandteil enthalten haben nur ein Fragment, wenn man nicht auch den dazugehörigen Bühnentanz hinzufügt. Es ist daher eine offene Aufgabe für künftige Inszenierungen, im gleichen Maße wie historische Instrumente und historische Spielweisen Verwendung finden, behutsam und informiert auch historischen Tanz wieder zu ergänzen.